GAG208: Die kleinste Liga der Welt – Eishockey in der DDR

Wir springen in dieser Folge nur wenige Jahrzehnte zurück und sprechen über ein Kapitel aus der Geschichte der DDR. Zwischen 1970 und 1990 spielten nur zwei Mannschaften in der Eishockey-Oberliga, der höchsten Spielklasse: SC Dynamo Berlin und SG Dynamo Weißwasser. Bis 1968 hatte Eishockey einen besonderen Status in der DDR aufgrund des gesamtdeutschen Olympiateams, doch mit dem Leistungssportbeschluss von 1969 sollte die Förderung komplett wegfallen. Dass dennoch zwei Mannschaften weitergespielt haben, ist vor allem mit einem Namen verbunden: Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit in der DDR.

Vielen Dank an unseren Experten für diese Folge: René Feldvoß. Er hat gerade eine Dissertation über das Thema abgeschlossen und die Geschichte schon einmal für die Bundeszentrale für politische Bildung aufgeschrieben: Dynamo gegen den Rest der Republik – Das DDR-Eishockey im Wiedervereinigungsprozess.

Das Episodenbild zeigt eine Szene aus einem Länderspiel der DDR-Auswahl gegen Norwegen 1974. Bundesarchiv, Bild 183-N0317-008 / Koard, Peter / CC-BY-SA 3.0

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27 Replies to “GAG208: Die kleinste Liga der Welt – Eishockey in der DDR”

  1. Turtle

    Cool! Ich bin in Weißwasser aufgewachsen (lebe seit 20 Jahren aber woanders), hatte und habe aber mit Eishockey nichts am Hut. Was mir aber bis heute passiert: Menschen in allen Teilen Deutschlands, die Eishockey-Fans sind, kennen die Stadt. Was ziemlich lustig ist, denn Weißwasser ist sonst völlig unbedeutend, am Arsch der Welt und seit der Wende dabei langsam aber sicher zu verschwinden (Bevölkerungsschwund ca 50% seit 1990).

    • Marcel

      Sehr spannend! Auch für mich, 1980 in der DDR geboren, viel Neues.

      Aber eine wichtige Frage stellt sich: Wie sah so eine Saison und die Tabelle aus? Zwei Spieltage, max. 6 Punkte?

      LG
      Marcel

    • Ein Fan

      Wenn ich mich nicht verrechnet habe, ist diese Folge eigentlich auch eine kleines Jubiläum (52*4=208). Daher möchte ich mich nicht nur für diese interessante Folge bedanken, sondern für nun bereits vier Jahre ununterbrochenen wöchentlichen Zeitsprung.

    • Hannah

      Super Folge! Natureis muss nicht immer bedeuten, dass man einen zugefrorenen See dafür benötigt. Es gibt auch opennair Natureisplätze, bei denen die seichte Wasserfläche natürlich gefriert.

  2. Robert Kick

    Ich kenne von der Geschichte noch ein zusätzliches Motiv.
    Die Sowjetunion und die Tschechoslowakei dominierten um 1970 die internationale Eishockeyszene.
    Diese beiden Länder waren daran intressiert möglichst viele Teams, mit einer gewissen Stärke am internationalen Eishockey zu haben.
    Die DDR gehörte in den Jahren vor 1970 zur erweiterten Weltklasse.
    Die internationale Szene war damals in der Krise. Es gab langwierige Diskussionen um offizielle Profispieler. Wegen dieser Streitereien verzichtete damals Kanada auf die WM (1969-1976), die USA schickte damals nur relativ schwache Amateurspieler.
    Der internationale Verband reduzierte die WM auf 6 Teams (1969-1975)
    Deshalb wird auch erzählt (vor allem in Tschechien), dass es der Druck der sozialistischen Bruderverbände Sowjetunion und Tschechoslowakei war, der verhindert hat, dass Eishockey in der DDR ganz abgeschaft wird.
    Das erscheint mir glaubwürdig.
    Trotzdem Stimmt meiner Meinung nach alles was der Experte gesagt hat.
    Nur dieses zusätzliche, eventuell entscheidende, Motiv, fehlt mir in seinem Beitrag.

    Robert Kick, Wien

    • Daniel

      Danke für die Ergänzung, das ist ein guter Punkt! Vom Druck durch die Sowjetunion hat René auch erzählt, wo es wohl auch um das Stimmrecht im internationalen Verband ging. Vermutlich war das im Vorgespräch, weil es nicht auf der Aufnahme ist und dann habe ich es vergessen mit in die Episode zu nehmen.

    • Meiko Hütter

      Ich habe noch einen Buchtip für sie was das Eishockey in Weißwasser betrifft:

      Vom Braunsteich in die Eisarena: Die Legende aus der Lausitz – Eishockey in Weisswasser

      In diesem Buch, welches 2017 erschienen ist, wird sehr detailiert und ausführlich über die einzelnen Jahre gesprochen. Der Co-Autor ist mit Klaus Hirche einer der besten Eishockeyspieler (Torwart) der DDR. Er hat viele kleine und große Anekdoten zum Besten gegeben.

  3. Schlosserjunge

    Was nicht so ganz herauskam, aber unabhängig von der konkreten Geschichte, nicht ganz uninteressant ist, dass das „Dynamo-System“ natürlich eine Übernahme sowjetischer Strukturen ist, die sich durch den gesamten Ostblock zog. Dynamo die Ministerien des Innern, ASK (Armeesportklub) Vorwärts – die Armee. In Russland erkennt man die Armeeklubs an ZSKA. Dass diese nicht nur in der SU aktiv waren, ist in diesem Podcast http://und-niemals-vergessen-podcast.de/sask-elstal-dieter-fietz-und-union/ gut herausgearbeitet. Die Dramaturgie wird euch nicht ganz unvertraut sein. Die BSGs nanntet ihr ja schon, aber selbst die sogenannten zivilen Klubs waren natürlich bestimmten Betrieben zugeordnet, ähnlich wie es auch bei kulturellen Einrichtungen geregelt war. Dies führte im übrigen dazu, dass es im Sportland DDR keinen wirklichen Breitensport gab, da alles in Vereinen oft auf den Leistungssport ausgelegt war. Selbstorganisierung war ja nicht unbedingt erwünscht, auch wenn sich manches machen ließ wie die in den 80ern entstandene Union-Fan-Liga beweist.
    Abschließend – es gibt in Berlin schon Leute, die nicht zu den Eisbären gehen, weil dort „Dy*“ gerufen wird.

  4. Meiko Hütter

    Vielen Dank für den tollen Podcast.

    Ich bin seit 1990 Fan des Eishockey in Weisswasser und habe noch ein paar kleine Informationen.

    Der Fuchs als „Wappentier“ kommt nicht von ungefähr. Die Oberlausitz rund um Weisswasser ist ein sehr waldreiches Gebiet indem es auch den einen oder anderen Fuchs gibt. Mittlerweile haben sich sogar mehrere Wolfsrudel in der Gegend angesiedelt. Patricks Kommentar in Richtung Polarfuchs ist gar nicht so verkehrt. Als 1990 aus der SG Dynamo Weisswaaser der PEV Weisswasser wurde, gab es ein neues Vereinslogo welches einen eishockeyspielenden Polarfuchs zeigt. Im Laufe der Jahre wurde aus dem Polarfuchs aber der klassische mitteleuropäische Fuchs, der heute auch noch das Logo ziert.
    In den 90er Jahren war die Rivalität zwischen den beiden ehemaligen Dynamoclubs noch sehr ausgeprägt, da man auch mehrere Jahre in der gleichen Liga spielte. Dies änderte sich Ende der 90er Jahre als sich die Eisbären Berlin fest in der höchsten deutschen Eishockeyliga etablierten, während Weisswasser seit damals nahezu konstant in der zweiten Liga spielt.
    Seit 3 Jahren ist aus der ehemaligen Rivalität eine feste und sehr fruchtbare Zusammenarbeit geworden. Beide Clubs kooperieren im sportlichen Bereich. Die Lausitzer Füchse haben junge Spieler der Eisbären im Kader, der via Förderlizenz in der zweiten Liga an höheres Niveau herangeführt werden.
    Den Dynamo-Schlachtruf nutzen nach wie vor beide Clubs und bei Freundschaftsspielen gegeneinander gibt es sogar Dynamowechselgesänge zwischen den beiden Fanparteien.

  5. Wudi Eberhard

    Seit 1961 gehe ich zum Eishockey in WSW und habe auch die „Wende“ im Hockey erlebt, als alle Mannschaften , außer die beiden Dynamo`s , von der Bildfläche verschwanden. Mit meinen Kumpel`s sind wir an den WE immer nach Berlin gefahren, um „Unsere“ anzufeuern. Während der Clubspiele war zwischen den Teams schon eine kleine Feindsehligkeit, in der Nationalmannschaft eine Rangordnung zwischen Berlin und WSW zu erkennen. Der oder die Nationaltrainer luden immer mehr Berliner zum Nationalteam ein. Die Clubspiele waren immer hart umkämpft – ein Spiel wurde in WSW sogar abgebrochen (es flogen Flaschen und Steine auf das Eis), weil die Berliner Schiedsrichter Weißwasser immer benachteiligten. Es konnte nicht sein, dass WSW Meister wird und die Hauptstadt nur Zweiter ! Dies sind nur ein paar kleine Dinge, die in meiner Erinnerung blieben – neben weiteren natürlich !

  6. Yogi Girligangleader

    Hallo,
    ich hatte mich vor einiger Zeit mal mit Friedhelm Bögelsack (Fiete), ehemaliger Rekordnationalspieler der DDR, unterhalten können, und dabei erzählte er mir, das sie Ende der 80er in Nordkorea waren. Dazu hab ich mal einen Link beigefügt. https://rheinhaimische.de/index.php?thread/582-als-deutschland-in-korea-eishockey-spielte/ Auf dem Bild erkenne ich Fiete und Joachim Lempio, die Beide damals nach der Wende als Ausländer zum ECHannover kamen

  7. Stefan Wenty

    Ich fand den Podcast sehr gelungen und sehr angenehm zum zuhören. Ich hätte Stundenlang lauschen können um noch mehr Informationen zu diesem spannenden Thema aufschnappen können.
    Ich hätts schön gefunden, wenn vielleicht noch das Thema Fußball in der DDR Zeit aufgekommen wär, aber auch so ein wirklich klasse Podcast!

  8. Stefan Wenty

    Ich fand den Podcast sehr gelungen und sehr angenehm zum zuhören. Ich hätte Stundenlang lauschen können, um noch mehr Informationen aufschnappen zu können. Ich hätts schön gefunden, wenn vielleicht noch das Thema Fußball in der DDR Zeit aufgekommen wäre, doch auch so ein wirklich sehr gelungener Podcast. Bravo!

  9. Oliver

    Den Eishockey Manager, den Richard erwähnt, kenne ich auch und habe viele Stunden damit verbracht. Das Spiel ist von 1993 – mit den Eisbären Berlin in der 1. und ES Weißwasser in der 2. Liga. 🙂

  10. Kübelreiter

    Zunächst vielen Dank für diese interessante Folge. Bin einer der spätberufenen GAG-Hörer und habe noch einige Folgen nachzuarbeiten 😉
    Einen Kommentar zu dieser Folge muss ich jedoch hinterlassen:
    Ich teile die Meinung des Experten nicht bezüglich seiner Ansicht warum die Fans der Eisbären Berlin in ihren „Schlachtenrufen“ immer noch Dynamo anfeuern. Ich denke nicht dass dies etwas ist, was spezifisch der „Ostalgie“ zuzuordnen ist. Es gibt bspw. die Eishockey Mannschaft „Adler Mannheim“, deren Fans immer den „ERC“ anfeuern. Ich denke vielmehr, dass es darum geht, dass man als Fan gerne einen Klub mit Tradition anfeuert und man ungern die Geschichte/Tradition seines Klubs verlieren möchte. Tradition hat im Mannschaftssport mit Fans irgendwie eine wichtige Funktion. Ich erinnere wie sich der Kleinstadt-Fussballverein „TSG Hoffenheim“ in „TSG 1899 Hoffenheim“ umbenannte um auf seine Tradition aufmerksam zu machen.

  11. Yusuf

    Hallo richard und daniel!

    Ich fand euren Podcast echt cool!
    Das Thema fand ich echt interessant und dank euch weiß ich jetzt mehr darüber.

  12. Silvia Oberhack

    Sehr interessant Euer Podcast!
    hier ein Interview von Peter Slapke, ehem. Eishockeyspieler

    https://www.merkur.de/sport/eishockey/eishockey-in-ddr-mehr-als-berlin-gegen-weisswasser-13188604.html)
    „Unsere westliche Vorstellung vom DDR-Eishockey war: Es gab nur zwei Teams, Weißwasser und Dynamo Berlin, und die spielten die ganze Saison gegeneinander. Bis 1970 existierten acht Mannschaften, dazu gehörten Rostock, Karl-Marx-Stadt, TSC Berlin, Crimmitschau, Erfurt, und Dresden. Mit dem Leistungssportbeschluss war es dann damit vorbei, Dynamo Berlin und Weißwasser überlebten. Dynamo unterstand dem Ministerium für Staatssicherheit, Weißwasser gehörte zur Polizei – wir beide haben das volle Programm bekommen. Wir haben Turinabol geschluckt. Vor Auslandsreisen wurden wir getestet. Es ist keiner aus der DDR rausgefahren, wenn die Werte nicht gestimmt haben. Dann warst du halt verletzt. Man konnte uns nicht erwischen. Jeder wusste, es ist Doping, aber es war unter Betreuung. Gezwungen worden ist man dazu nur insofern, als du bei einer Weigerung ausgeschlossen wurdest vom Sportclub. Und kein Olympia oder WM bestreiten konntest. Viele im DDR-Sport haben die Schnauze gehalten und geschluckt. Für eine Goldmedaille gab es 15 000 Mark, eine Reise auf dem Schiff oder Urlaub in Mexiko. Was die Stasi betrifft: Auch ich bin gefragt worden, ob ich IM machen würde, ich habe es abgelehnt. Aber wir wurden abgehört. Meine Frau hat im Telefon eine Wanze gefunden. Leider hat sie sie weggeschmissen, so gab es keinen Beweis. Ich habe 1980 nicht aufgehört, ich musste aufhören. Der bisherige Trainer wurde Clubchef, der älteste, der ein Diplom hatte, musste Trainer der ersten Mannschaft werden. Ich war unerfahren, habe viele Fehler gemacht, nach eineinhalb Jahren habe ich dann die Junioren übernommen. Als Nachwuchstrainer habe ich oft Linesman gemacht oder gepfiffen – wir hatten sonst keine Leute.“

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