GAG476: Boabdil und das Ende Granadas
Wir springen in dieser Folge ins späte 15. Jahrhundert. Die Reconquista, also die sogenannte Rückeroberung der iberischen Halbinsel durch die nördlichen christlichen Königreiche ist beinahe abgeschlossen. Bis auf Granada, das letzte islamische Königreich auf europäischem Boden.
Wir sprechen in dieser Folge über Boabdil, den letzten König dieses Reichs, und seinen beinahe unmöglichen Kampf nicht nur gegen die katholischen Könige, sondern auch seine eigene Familie.
Erwähnte Folgen
- GAG359: Eine kleine Geschichte des Schachspiels – https://gadg.fm/359
- GAG430: Gefangene und Königin – Johanna I. von Kastilien – https://gadg.fm/430
- GAG353: Wallada – https://gadg.fm/353
- GAG365: The Ghost Army – https://gadg.fm/365
- GAG439: Kyros II. und die Entstehung eines Mythos – https://gadg.fm/439
- GAG451: Eine kleine Geschichte der verlorenen Bücher – https://gadg.fm/451
- GAG467: Das Leben der Lucrezia Borgia – https://gadg.fm/467
Literatur
- Bossong, Georg. Das Maurische Spanien. C.H.Beck, 2020.
- Elizabeth Drayson. The Moor’s Last Stand: How Seven Centuries of Muslim Rule in Spain Came to an End. Profile Books, 2017.
- Joseph F. O’Callaghan. The Last Crusade in the West: Castile and the Conquest of Granada. University of Pennsylvania Press, 2014.
Das Episodenbild zeigt eine Darstellung Boabdils aus dem 19. Jahrhundert.
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Wahrscheinlich würde man Boabdils Tränen, so sie denn tatsächlich geflossen sind, nicht so nachhaltig rührend finden, wenn er aus irgendeinem anderen Ort, einer klobigen Burg oder sonst einem hässlichen Ort vertrieben worden wäre. Aber jeder der die Alhambra kennt kann gut nachfühlen, dass man dann heult, wenn man von dort vertrieben wird.
Die muslimische Kultur ist heute noch in ganz Spanien alltäglich präsent. Abgesehen von Architektur, Bewässerungstechniken, Gewohnheiten und vielem mehr, sind unzählige Wörter, die mit der Silbe al beginnen, muslimischen Ursprungs, und wenn man „hoffentlich“ sagen möchte, sagt man durch alle Gesellschaftsschichten ganz selbstverständlich und ohne sich darüber bewusst zu werden „ojalá“ (oh Allah).
Das J wird in Spanisch gesprochen wie das CH von dem deutschen Wort Bach oder Krach
Zur Vertreibung der Juden aus Spanien gibt es den Roman „Die Jüdin von Toledo“ von Lion Furtwängler
Dieser Lion heißt Feuchtwanger, und das Buch ist großartig! Es ist um die 20 Jahre her, dass ich es gelesen habe, und ich bin immer noch beeindruckt, habe mich sofort daran erinnert als ich diese Folge gehört habe
Oh, sorry, der Roman handelt doch von etwas anderem. Ich hatte es falsch erinnert.
Verständliche Verwechslung: der Autor heisst Lion Feuchtwanger. Furtwängler war der Dirigent. Gleiche Zeit, aber politsch konträre Einstellung.
Eine Frage hätte ich: Was wurde aus Boabdils Sohn? Kam der nach der Machtübergabe frei? Oder wurde was geschah mit ihm?
Ich möchte für die interessante Fplge danken und ganz besonders für den Perspektivwechsel (zumindest für mich als Europäer). Auch, wenn es nach Richards Erläuterung mehr oder weniger zufällig so erwachsen ist, dass er die Geschichte aus Boabdils Sicht erzählt hat, finde ich es sehr schön, „die Muslime“ in der Geschichte der Reconquista nicht schlicht als „die Gegner“ liest.
Eine total spannende Geschichte, megagut erzählt, Richard! Danke vielmals!
Es gibt noch bis 24.12.24 in der arte Mediathek eine sehr schöne Doku über die Alhambra zu sehen: https://www.arte.tv/de/videos/111039-000-A/alhambra-das-vermaechtnis-der-sultane-spaniens/
Dort wird erwähnt, dass es lange eine recht friedliche Koexistenz christlicher und muslimischer Reiche auf der iberischen Halbinsel gab und erst die Eroberung Konstantinopels durch die Ottomanen die Initialzündung für die Reconquista war. Würdet ihr diese Sichtweise bestätigen?
Ihr habt mich mit der Folge inspiriert mal wieder Crusader Kings zu zocken. 😀
Wenn der eine oder andere bisweilen der Belletristik zugeneigt ist, sei hiermit Die Handschrift von Granada (El manuscrito carmesí) von Antonio Gala empfohlen. Nebst vielen arabischen Gedichten und einer sehr liebevollen Interpretation der Person Boabdils, wagt der Autor in einer Passage eine sehr interessante Deutung davon, wie die arabische Einwanderung auf die Halbinsel soviel Erfolg haben konnte.
Super Folge, es gibt eine sehr gute literarische „Autobiografie“ Boabdils von Antonio Gala unter dem Titel „El manuscrito carmesí”.
Wenn auch ein literarisches Buch ist es exzellent recherchiert und historisch plausibel.
Die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung hatte gravierende Folgen für die weitere Entwicklung auf der iberischen Halbinsel:
https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/zeitzeichen-alhambra-edikt-100.html
Interessant ist auch, wie weit die muslimischen Einflüsse dann durch die kolonialen Aktivitäten der Spanier verbreitet wurden.
Mir selbst sind z. B. vor ein paar Jahren im Urlaub in Granada/ Nicaragua (!) in der Altstadt die kunstvollen maurischen Fliesenmuster aufgefallen.
Ergänzend zum Alhambra Edikt, welches am Ende erwähnt wird.
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/zeitzeichen/audio-spanien-widerruft-das-alhambra-edikt-am–100.html
Viele spanische Juden sind daraufhin nach Thessaloniki, Amsterdam oder auch Hamburg ausgewandert und haben diesen Städten maßgeblich zum Aufschwung verholfen.
Andalusien und insbesondere die Alhambra sind wahrlich faszinierend! Danke für die Folge, lieber Richard. Ich hatte das große Glück, dass ich dieses Jahr für 3 Wochen mit dem Van durch Andalusien reisen konnte und viele der in der Folge erwähnten Orte besuchen durfte, etwa Cordoba, Ronda und Guadix.
Die Alhambra selbst ist wirklich eines der faszinierenden Gebäude, in denen ich bisher war. Die Architektur und die Geschichte sind überwältigend! Auch hier hatten wir Glück: Normalerweise sind die Alhambra und insbesondere der Palast auf Monate ausgebucht, aber als wir ankamen, wurden kurzfristig zwei Tickets frei und wir durften dieses Wunder besuchen.
Wer mehr erfahren und Bilder sehen möchte, kann gern auf meine Website schauen, dort habe ich Erlebnisberichte veröffentlicht.
Noch ein Hinweis zur Reconquista:
Im Rahmen der Reise habe ich mich mit der Geschichte Andalusiens auseinandergesetzt und viele Historiker und Historikerinnen und sind der Meinung, dass der Begriff “Reconquista” irreführend sei: Er würde auf ein absichtliches Vorgehen hinweisen und dass die Rückeroberung das große Ziel gewesen sei. Tatsächlich sei es aber wohl eher so gewesen, dass die christlichen Königreiche nun mal ihre Machtgebiete ausbauen wollten und die vollständige Rückeroberung dabei am Ende eher so nebenbei bzw. automatisch dabei herauskam.
Und weil einige Kommentator:innen Bücher erwähnt haben:
Ich kann das Buch “Die Pfeiler des Glaubens” von Ildefonso Falcones empfehlen. Es spielt in der Zeit nach der Eroberung, beschreibt die Alhambra und die unglaublich faszinierende Moscheekathedrale in Cordoba (ebenfalls ein überwältigendes Gebäude) und den Kampf und die Mühen der verbleibenden muslimischen Bevölkerung im nun christlichen Granada.
Vielen Dank für die tolle Folge und beste Grüße
Sebastian