GAG451: Eine kleine Geschichte der verlorenen Bücher

Wir sprechen in dieser Folge über Bücher. Allerdings nicht in erster Linie darüber, wie sie entstanden, sondern wie sie im Laufe unserer Geschichte immer und immer wieder zerstört wurden.

Literatur

  • Andrew Pettegree und Arthur Der Weduwen. The Library: A Fragile History. Profile Books, 2021.
  • Fernando Báez. A Universal History of the Destruction of Books: From Ancient Sumer to Modern Iraq. Atlas, 2008.
  • Lucien X. Polastron. Books on Fire: The Destruction of Libraries Throughout History. Inner Traditions, 2007.
  • Rebecca Knuth. Burning Books and Leveling Libraries: Extremist Violence and Cultural Destruction. Praeger, 2006.
  • ———. Libricide: The Regime-Sponsored Destruction of Books and Libraries in the Twentieth Century. Praeger, 2003.

Das Episodenbild zeigt einen Ausschnitt eines Gemäldes von Pedro Berruguete.

Erwähnte Folgen

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20 Replies to “GAG451: Eine kleine Geschichte der verlorenen Bücher”

  1. kopriva

    Beim Bericht über die Versuche, die Zerstörung der bosnischen Nationalbibliothek aufzuhalten, kamen mir die Tränen. Ich erinnere mich an die eigene damalige Verstörung über die Nachrichten damals. Nicht zuletzt in meiner teilweise verdorbenen Familie galten Bosnier_innen als kulturlos. Zerstört wurde die Bibliothek letztlich von Menschen, die wiederum von anderen ebenfalls als Kulturlose verachtet werden …

    Es glückt mir nicht immer, bei der Betrachtung von geschichtlichen Vorgängen einigermaßen objektiv zu bleiben und die Skrupellosigkeit der schier grenzenlose Gewalt Ausübenden im Zusammenhang mit derer eigenen Psychologie und ihrer Verwobenheit in der Zeitgeschichte wahrzunehmen .

  2. Jörn

    Hallo,

    sehr schöne Folge Richard. Ich wusste zB auch nicht, dass Bücher verbrennen so verbreitet war.

    Vor einigen Jahren hatte Erdogan ja mal Twitter in der Türkei verboten, bzw. hatte es zumindest mal vor. Und es ist auch gängige Taktik von werdenden autoritären Regimen, erst einmal die freien Medien zu verbieten. Ich finde das ist das moderne Bücherverbrennen.

  3. James

    Super Folge über ein echt interessantes, wenn auch tragisches, Thema. Ich hätte nur eine Anmerkung, weil mir das damals von meiner Geschichtslehrerin eingetrichtert würde: Das Wort aufoktroyieren ist genau genommen nicht ganz richtig, da oktroyieren schon aufzwingen bedeutet und es dann auf-aufzwingen wäre.

  4. Robert

    Zwei Dinge hatte ich noch vermisst.
    Feuer kann auch über Umwege Literatur bewaren und vernichten, wie die Villa dei Papiri in Herculaneum beweist, der wir einige antike Schriftrollen verdanken.
    Und der Brand der Anna Amalia Bibliothek in Weimar galt für mich zumindest der große Bibliothekenbrand unserer Zeit.

    • Andreas

      Oder ebenso eine Ironie der Geschichte: Über die vor-homerische, mykenische Kultur wissen wir heute nur so viel, weil die für die Verwaltung verwendeten Tontafeln (die normalerweise Jahr für Jahr getilgt und überschrieben wurden) durch Palastbrände im Zuge kriegerisches Auseinandersetzungen gehärtet worden sind und damit bis in unsere Zeit erhalten geblieben sind.

  5. Manuel

    Vielen Dank für eine weitere großartige Folge.
    Laut Wikipedia (mit entsprechendem Quellenhinweis):
    “Die erste Fassung des Romans unter dem Titel The Fire Man schrieb Bradbury 1950 im Keller der Bibliothek der University of California in Los Angeles auf einer Münzschreibmaschine. Er steckte jeweils 10-Cent-Stücke in die Schreibmaschine und schrieb gegen die ablaufende Zeit an. Insgesamt kostete ihn die erste Fassung 9,80 US-Dollar, schreibt Bradbury im Nachwort einer späteren Auflage.[7] Das entspricht einer heutigen Kaufkraft von ca. 94 US-Dollar (2020).”
    7.: Nachwort zu: Ray Bradbury, Fahrenheit 451, Del Rey Books (Ballantine), 1995, ISBN 978-0-345-34296-6, Seite 167/168″
    Das finde ich ja nochmal einen besonders skurrilen Aspekt. Ihr erwähntet ja, dass es in der Bibliothek geschrieben wurde. Aber “Münzschreibmaschine” ?!?

    • Anette

      Münzschreibmaschine! 😮 verblüffend!! Gewissermaßen der Vorläufer des Internet-Cafés 😂 Vermutlich hat er von Hand vorgeschrieben und dann mit 150 Anschlägen / Min abgetippt … so hätte ich es jedenfalls gemacht

  6. Regina

    Lieber Richard, das war wieder eine wunderbare Folge, vielen Dank!
    Jetzt kommt das kleine aber: Ihr könnt natürlich nicht alles wissen, aber vielleicht nachbessern: Die Hethiter haben v.a. In Anatolien gelebt, die Hauptstadt Hattuscha befindet sich in der Nähe von Ankara und ist eine Reise wert. Es gab eine große Schlacht zwischen Rames ll und den Hethitern, die Schlacht von Kardesch. Wahrscheinlich war der Ausgang unentschieden, denn beide Herrscher ließen Stelen herstellen, die sie vor dem eigenen Volk als Sieger präsentierten. Ist auch mal ein spannendes Thema!
    Einen schönen Abend wünscht Euch Regina

    • Rollo

      Das mit den Hethitern wollte ich auch erwähnen. Die lebten nicht nur um Syrien/Israel herum (da wohnten eher Vasallen bzw. die späteren Hethiter, die man aus der Bibel kennt, mehr so kleine Nachfolgefürstentümer), sondern das Hethische Großreich lag in der heutigen Türkei. Die Hauptstadt Hattuscha liegt ganz in der Nähe von Ankara und es wird vermutet, dass Troja ein abhängiger Vasall war. Und über die Hethiter weiß man sogar recht viel und es kommt immer mehr dazu, da man vor über 100 Jahren in Hattuscha (ich glaube) 30.000 Tontafeln gefunden hatte. Diese wiederrum wurden durch ein Feuer damals hart gebacken, was sie konserviert und durch die Zeit gebracht hat. Man hatte dort etwa auch eine Version des Gilgamesch-Epos gefunden und Aufzeichnungen über die Schlacht von Kadesch (siehe Ramses Zwo) und eine Kopie des Friedensvertrages steht heutzutage im UN-Gebäude in New York. Die Hethiter wsren Bad Ass und konnten es auf Augenhöhe mit den Ägyptern aufnehmen. Der Niedergang kam dann leider mit den Seevölkern.

  7. Rox

    Sehr spannende, aber auch sehr tragische Folge. Besonders bemerkenswert finde zumindest ich jetzr im Nachgang, dass ich das Verhalten von Herrschern von vor Tausenden von Jahren als deutlich weniger „barbarisch“ ansehe als dass aus dem 20. Jh.

    Eine Anmerkung hätte ich, die bezieht sich allerdings ausschließlich auf Fahrenheit 451: In dem Buch geht es ja, wie auch von Richard angesprochen, eindeutig um Zensur. Wie sich im Verlauf der Handlung herausstellt, hat diese Zensur allerdings ihren Ursprung bei den Menschen selbst (und nicht der Regierung) genommen, die keine Lust mehr darauf hatten, unbequeme Dinge zu lesen. Warum erzähle ich das? Weil seit Veröffentlichung des Buches in den 50ern langsam, still und leise viele der Schimpfwörter und Nennungen von so pokarisierenden Themen wie Abtreibungen aus dem Buch verschwunden sind. Natürlich ohne das Wissen oder das Einverständnis des Autors. Die Ironie ist kaum zu übertreffen.
    Zumindest gilt das für Englische Ausgaben des Buches, deutsche kann ich nicht beurteilen. Aber auch in der englischen Ausgabe vom Klett-Verlag, das ich gelesen habe, fanden sich diverse Zitate, die laut Wikiquote hätten da sein sollen, gar nicht oder nur in „jugendfreier“ Version. Natürlich ohne entsprechenden Hinweis irgendwo.
    Je nach Ziel braucht man für seine Zensur also gar keinen Scheiterhaufen, eine Löschen-Taste tut’s auch.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Fahrenheit_451#Expurgation (laut Wikipedia wurden diese Anpassungen schon ab 1979 wieder rückgängig gemacht, aber meine eigene zensierte Ausgabe war definitiv neuer).

    • Anette

      WAAAS? Ich bin total geschockt!! Als nahezu 100%iger E-Book-Leser muss ich jetzt einräumen, dass Papierbücher eine elementare Bedeutung haben, die mir gar nicht bewusst war… ich werde definitiv nach einer antiquarischen Ausgabe suchen.

  8. Tristan

    Freue mich schon auf den 15. Dezember 2054 n. d. Zw., wenn Daniel uns hoffentlich eine tolle Geschichte um Orwells berühmteses Werk erzählt. 🙂

    Apropos Zeitenwende. Genau genommen betrachte ich die Mondbetretung als das einschneidenste Ereignis in der Geschichte der Menschheit. Daraus folgernd befinden wir uns heute im 55. Jahr nach Apoll. 😛

  9. Christoph

    Ich habe eine Frage zur Literatur der Folge, die ich super fand und sehr berührend. In den Shownotes steht das Buch „The Library: A Fragile History“ von Andrew Pettegree und Arthur Der Weduwen, aber Richard erwähnt es in der Folge nicht. Ich finde das Buch interessant und mir haben eure Literaturtipps schon oft weitergeholfen. Ich werde allerdings aus allem was ich darüber finde nicht so 100% schlau, was das für ein Ding ist. Könntet Ihr mir bitte kurz weiterhelfen mit einer Einschätzung?

    Vielen Dank und beste Grüße aus Salzburg!

  10. Georg

    Sehr spannende Folge!

    Zwei Aspekte, die mich neugierig machen:

    1. Es verwundert mich doch, dass Bücherverbrennungen auch in Antike und Mittelalter gängige Herrschaftstechniken waren – da ja der Großteil der Bevölkerung gar nicht lesen konnte! Da hätte ich Bücher demnach für die kulturelle Prägung der meisten Menschen als recht ungefährlich eingeschätzt.

    2. Buchdruck muss da natürlich ein riesiger Gamechanger gewesen sein. Zuvor konnte man ja durch Vernichten einzelner Exemplare ein Buch vielleicht wirklich ein für allemal aus der Geschichte tilgen, danach nur mehr in Ausnahmefällen – weil zu viele Exemplare in Umlauf waren. D.h. hatten Verbrennungen danach wohl noch viel stärker symbolischen Charakter als praktischen – selbst der größte Nationalsozialist dachte wohl nicht, mit diesen Verbrennungen das Werk z.b. von Erich Kästner nun endgültig aus der Welt geschafft zu haben…

  11. Andreas

    Carlos Ruiz Zafon, Der Schatten des Windes – ein herzzereissender Roman über Bücherverbrennung, mit dem Ziel etwas zu zerstören, das im Podcast nicht erwähnt wurde.

  12. Muddi

    Keine Folge hat mich je so wütend gemacht, es ist wirklich eine Herausforderung gewesen, sie zu Ende zu hören.
    Danke für diese Folge.

  13. Benjamin

    Ich mag diesen Podcast wirklich sehr, aber ich muss sagen mit dieser Folge bin ich nicht zufrieden.
    Da wird original behauptet, „die Nazis“ hätten die Bücher aus der Abtei Monte Cassino in den Vatikan gebracht. „Die Nazis“, das ist das sprachliche Niveau irgendwelcher zwielichtiger Fernseh-Dokus.

    Die Wahrheit wäre eine eigene Folge dieses Podcastes wert: Ein einzelner deutscher Offizier, Oberstleutnant Julius Schlegel, erkannte die Situation und ließ _ohne Befehl und auf eigene Initiative_ die unwiederbringlichen Kunstschätze aus der Abtei Monte Cassino (darunter 70.000 Bücher) in den Vatikan in Sicherheit bringen und riskierte dabei ein Kriegsgerichtsverfahren.

    Ohne irgendetwas was im Zweiten Weltkrieg geschehen ist leugnen oder beschönigen zu wollen, aber diesen Mann als „die Nazis“ zu bezeichnen, ist undifferenziert und wird den historischen Tatsachen nicht gerecht.

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