GAG388: Marie Tussaud und die Wachsfiguren
Wir sprechen über das abenteuerliche Leben von Madame Tussaud, die als Marie Grosholtz als uneheliche Tochter einer Dienstmagd in Straßburg geboren wurde, in die Wirren der Französischen Revolution geriet und von ihrem Ziehvater Philippe Curtius in Paris das Modellieren von Wachsfiguren lernte.
Anschließend reiste sie mit ihrer Wachsfiguren-Ausstellung mehrere Jahrzehnte durch das Vereinigte Königreich, ehe sie mit über 70 Jahren in London ein Wachsfigurenkabinett eröffnete, das bis heute eine der bekanntesten Touristenattraktionen der Stadt ist.
Literatur
Pamela M. Pilbeam, „Madame Tussaud: and the History of Waxworks“, 2003.
Henrik Eßler, „Krankheit gestalten. Eine Berufsgeschichte der Moulagenbildnerei“, 2022. Open Access.
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Servus Daniel! Danke für die tolle neue Folge und die vielen neuen Eindrücke rund um Madame Tussauds. Allerdings ist dir bei der Jahreszahl der Franz. Revolution zweimal kurz hintereinander ein Zahlendreher passiert. Die Revolution fand nicht 1798 sondern 1789 statt.
Liebe Grüße.
Thomas
Hallo Thomas, Hab ich auch überhört. Erinnert mich an meinen Geschichtslehrer. der sagte zu uns (1990), dass 1789 die eine Jahreszahl ist, die wir uns wirklich merken müssen. Schönen Gruß Thomas R
Achja, der Unterschied zwischen lernen und lehren. Für einen Regensburger eine zu größe Hürde, auch wenn er noch zu gut Hochdeutsch spricht 😉
Nie werde ich die Moulagen des technischen Museums in Wien vergessen. Wir waren mit einem Schulausflug dort und haben mit makaberem Interesse Gesichter und Gesäße mit Stromverletzungen bestaunt. Vielen Dank für die Wiederbelebung dieser Erinnerung und viele Grüße aus Regensburg!
Hallo, wie immer eine schöne Folge. Bei der Erwähnung von Phantasmagoria kam mir der Song „Phantasmagoria“ der kanadischen Metal Band Annihilator in den Sinn. Auf dem 1990er Album Never, Neverland zu finden. Viele Grüße aus Landau an der Isar.
Wenn man nach dem Geburtsort von Philipp Curtius geht, dann war er eher Österreicher, denn Stockach war zu jener Zeit Teil von Schwäbisch-Österreich. Die Stockacher feiern sogar jedes Jahr die vergebliche Belagerung Stockachs durch die Schweizer im Schweizerkrieg ;).
Hochinteressant! Gehörte Stockach auch zu des Kaisers Schwanzfedern? Ich komme aus einem Dorf bei Offenburg in der Oberrheinebene. Das gehörte zur österreichischen Landvogtei Ortenau. Der Kaiser Joseph II hat eine Schulreform durchgeführt. Dadurch konnte der Bohlsbächer Bauernjunge Lorenz Oken(fuss) aufs Gymnasium und im österreichischen Freiburg im Breisgau studieren. Wurde ein schillernder Biologie Professor (der sich auch gerne fit Fürsten und Königen angelegt hat). Ein Km weiter in der Freien Reichsstadt Offenburg wäre das nicht möglich gewesen. Noch was ganz anderes: In der Oberrheinebene gibts oftmals die Linzer Torte. Bin damit groß geworden und frag mich nun, ob das Teil des vorderösterreichische Erbes ist ?!
Lieber Richard, du hast Stockach ganz richtig im Nordwesten des Bodensees vermutet. Es liegt ganz in der Nähe von Überlingen und wenn du mal an diesen (malerischen) Teil des Bodensees kommen möchtest, so bist du herzlich eingeladen!
Da ich ganz in der Nähe wohne fand ich Philipp Curtius natürlich sehr spannend und habe ein wenig recherchiert. Dabei bin ich auf folgende Abhandlung gestoßen, die ich erstmal recht plausibel finde: https://www.hegau-geschichtsverein.de/wp-content/uploads/hegau_3637_197980_warndorf_philipp_mathias_curtius_stockach_begruender_wachsfigurenkabinetts_tussaud.pdf
Laut diesem Stück war Philipp Curtius gar kein Arzt, sondern gelernter Kaufmann. Das erscheint mir auf Grund des scheinbar vorhandenen Briefes seines Lehrmeisters und der ja scheinbar vorhandenen Tendenz, die eigene Geschichte ein wenig aufzuhübschen (wie es Madame Tussaud danach auch machte) durchaus plausibel.
Besten Dank für die interessante Folge, die ein wunderbares Beispiel für eine bemerkenswerte Frau des frühen 19. Jahrhunderts gebracht hat!
Zur Frage von Richard, weshalb Philipp Curtius für die Latinisierung seines Nachnamens nicht ein lateinisches Wort verwendet hat, möchte ich sagen: Das Adjektiv curtus (in der eigentlichen Bedeutung: „verkürzt“, „verstümmelt“; in weiterer Bedeutung: „unvollständig“, „mangelhaft“) gehört dem antik-lateinischen Wortschatz durchaus an. Dass die Latinisierung dann auf -ius ausgeht, überrascht nicht, denn das ist schon bei der Latinisierung der Nachnamen von Humanisten häufig anzutreffen (vgl. Cartesius, Bruschius) und selbst bei antiken Familiennamen (Sallustius, Vergilius, Horatius) gar nicht selten zu finden. Zudem ergibt sich hier derselbe Nachname wie bei einem berühmten Sabiner der römischen Frühgeschichte namens Mettius Curtius, der im Zuge der Nachwehen des Raubs der Sabinerinnen in der Auseinandersetzung mit den sich gerade etablierenden Römern (damals eher noch Latinern) mit seinem Pferd in einen Sumpf gestürzt ist. Nach ihm ist deshalb in Rom der lacus Curtius benannt. Übrigens: Brevis, das in der Antike gebräuchlichere Wort für kurz, wird meines Wissens nach gar nicht für Latinisierungen von Namen verwendet.
Ihr habt ganz richtig auf die Antike und ihren Kult um die Totenmasken verwiesen. Die wohlhabenderen Römer:innen waren tatsächlich bemüht, ihre verstorbenen Ahnen dadurch zu verehren, indem sie in Gips gegossene Totenmasken von ihnen anfertigten und sie in ihrem Haus dann auch öffentlich ausstellten. Dazu diente das sogenannte Atrium. Dieses war sozusagen der Innenhof des Hauses, um den herum die weiteren Räumlichkeiten wie Schlafzimmer, Küche und hinten der Garten angelegt waren. Und damit war es der ideale Platz, um die eigenen Verstorbenen in einer Galerie ihrer Totenmasken gebührend zu ehren und vor allem in Erinnerung zu behalten. Das ist nämlich der Ursprung der Totenmasken: Sie standen im Dienste der memoria, hatten also primär die Aufgabe, die verstorbenen Menschen in Erinnerung zu behalten. Und da vor allem in wohlhabenden Familie ständig Gastmähler stattfanden, bei denen sich die führenden Männer (und durchaus auch Frauen) trafen, kannte die römische Oberschichte die Totenmasken der noblen Familien meistens gut. Für das Standes- und besonders das Clanbewusstsein (in Rom nannte man einen Familienclan eine gens) waren die Totenmasken aus Gips also ein essentieller Teil und von Beginn an auch so gedacht, dass sie der Öffentlichkeit (eben im Atrium) präsentiert wurden. Und nicht nur das: Bei den berühmten Leichenzügen durch Rom (sogenannte pompae funebres) engagierte die trauernde Familie sogar Schauspieler, die diese Totenbilder durch die Straßen Roms trugen. Durch die Anzahl an Bildern sollte das Publikum so das Prestige und die lange Geschichte der trauernden Familie bewundern. Um für eine entsprechend große Anzahl an Totenbildern zu sorgen, wurden bei der Heirat und somit bei der Zusammenführung verschiedener Familien auch die Totenmasken beider Familie vereinigt. Ihr seht: Der Gedanke, das man Gipsmasken der Öffentlichkeit präsentieren möchte, war schon der Antike gut bekannt. Allerdings hat man damals keinen Eintritt verlangt, jedoch selbst durch die Zurschaustellung von Familientradition und Prestige davon profitiert.
Huhu ihr zwei
Hach, das war mal wieder eine Episode mit *Lieblingspotential*
Madame Tussaud und ihre Promi-Wachsfiguren sind zwar nicht so meins, aber die Geschichte dahinter und der Schlenker zu den Moulagen und anatomischen Lehrmodellen… Da geht einem das Herz auf.
Ich möchte Richard hier auch ganz dringend anraten, sich die Sammlungen in Wien an nem verregneten Tag doch nochmal zu Gemüte zu führen – sowohl im Josephinum selbst als auch im Narrenturm. Man muss sich nichtmal für Medizin interessieren, das ist auch für reine Ästheten lohnend!
Zum Abschluss wollt ich hier eigentlich noch mit meiner kleinen Flohmarktsammlung der „L’inconnue de la Seine“ protzen, leider finde ich aber den Fotouploadbutton nicht (sollte es diesen überhaupt geben)…
Danke für eure tolle Arbeit, Linda